On tour

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Marcus Deml kommt am Freitag um 20 Uhr mit seiner Band The Blue Poets in die Kulturfabrik. Deml konzentriert sich heute auf eigene Projekte, früher war er ein gefragter Live- und Studio-Musiker.

Die neue CD klingt recht Blues-lastig...

Ich weiß es nicht - ich denke nicht in diesen Kategorien. Für mich wäre es de facto einfach Rockmusik mit 70er-Jahre-Flair und Blues-Wurzeln. Ich habe nicht den Masterplan, wenn ich das Projekt einer neuen Produktion anfange. Sondern ich mache einfach Musik, und danach wird ausgewählt.

Ist Blues die Muttermilch?

Absolut. Die allerersten Einflüsse waren extrem bluesgeprägt. Das erste Mal, dass ich von der Gitarre infiziert wurde, war „Band Of Gypsys" von Hendrix. Da war ich acht Jahre alt und hab aus der Bücherei eine Kassette für die Sommerferien ausgeliehen. Direkt danach waren B.B. King und Albert Collins für mich wichtig. Rockmusik kam erst mit 15 oder 16 durch ein Konzert von Gary Moore in der Essener Grugahalle.

Wann haben Sie selber angefangen, Gitarre zu spielen?

Mit 12. Da ging es erstmal mit Folk los, Leo Kottke, Werner Lämmerhirt und solche Geschichten. Aber dann kam relativ früh schon der Jazz, über einen Freund. Also, bei mir war alles verkehrt rum. Wir sind schon mit 13 in den Frankfurter Jazzkeller gegangen und haben uns dort Michael Sagmeister und die Mangelsdorff-Brüder angeguckt.

Ist Jazz mit 13 Jahren nicht komplett unhörbar?

Total uncool! Ich war Tscheche, hatte noch einen leichten Akzent, feuerrote Haare und Sommersprossen. Mein Freund war Saxofonist, dick, und wir waren definitiv die uncoolen Vollidioten. Völlig daneben, was wahrscheinlich viel mit meinem kommerziellen Misserfolg zu tun hat. (lacht)

So schlimm ist es nicht, oder?

Nein, ich komme gut zurecht. In meiner Studentenzeit war ich dann wiederum voll auf Rockmusik fixiert, auch auf Fusion-Zeug wie Allan Holdsworth - was man auf der neuen Platte aber auch nicht hört, eher auf „Electric Outlet".

Gibt es einen aktuellen Gitarristen, der Sie besonders fasziniert?

Nein. Das hat einen ganz einfachen Grund: weil ich seit zehn Jahren keine Rockgitarristen mehr höre.

Sie haben sieben Jahre in den USA gelebt. Wären Sie lieber dort geblieben, wenn es möglich gewesen wäre?

Zu dem Zeitpunkt wollte ich. Ich wäre jedenfalls in meiner Karriere viel weiter.

Warum?

Weil man in Deutschland als Ansässiger nie die Anerkennung kriegen wird wie irgendein Joe oder Jeff. Da kann man dreimal so gut sein, das ist einfach ein Fakt.

Hatten Sie umgekehrt als Deutscher in den USA einen Sonderstatus?

Ja, ich war exotischer. Und ich glaube, ich würde nicht mehr Musik machen, wenn ich nicht nach Amerika gegangen wäre. Weil ich zum ersten Mal so gelobt wurde, auch von ganz berühmten Leuten - das gibt mir an schwachen Tagen bis heute Kraft

Sie haben mit vielen bekannten Musikern zusammengespielt. Welche Begegnung hat die stärksten Spuren hin-terlassen?

Ich bin unfähig, jemand einzeln hervorzuheben. Was mir von der professionellen Laufbahn bis heute viel Energie gibt, war eine Tournee mit der kanadischen Progrock-Band Saga. Da hatte ich nur drei Tage Zeit, mir das Programm drauf zu schaffen, weil der Originalgitarrist ausgefallen war. Es war eine großartige Zeit, 35 Konzerte in 38 Tagen quer durch Europa.

Sie haben sich auch als Studiogitarrist eine Menge Sporen verdient.

Ja. In einem Studio im Rhein-Main-Gebiet war ich zum Beispiel zwei Jahre der Haus- und Hofgitarrist. Da war ich jeden zweiten Tag, und manchmal kannte ich die Künstler gar nicht.

Ist das dann eher eine Dienstleistung?

Eine komplette Dienstleistung. Die positive Seite ist: Man muss sehr schnell und professionell arbeiten. Du hörst den Song fünf Minuten, und dann sollst du etwas spielen, das alle glücklich macht Das ist nicht immer leicht. Ich werde zum Beispiel nie vergessen, dass man mir auf einer Nena-Platte sagte: Marcus, jetzt spiel mal bitte nicht so gut wie du spielen kannst Das passt nicht zum Lied. Das war sehr schwierig, aber heute verstehe ich den Spruch total.

Macht es trotzdem Spaß?

Bis zu einem gewissen Punkt. Ir-gendwann war ich völlig ausgebrannt. Da hatte ich in 19 Tagen 20 Jobs und bin nach Hause gekommen, hab mir ein Glas Wein eingeschenkt und gedacht: Eigentlich hast du nichts eingespielt, auf das du stolz bist.

Welche Konsequenzen haben Sie daraus gezogen?

Ich hatte damals schon mit Earth Nation angefangen, was ja ein sehr ex-perimentelles Elektro-Projekt war. Aber die Konsequenz war das erste Errorhead-Album. Egal, ob ich es einfach nur meinen Freunden oder Verwandten schenke: Ich wollte einfach eine Platte machen mit meiner Musik.

Und das hat funktioniert?

Ja, es klappt Ich habe mein eigenes Label und bin einigermaßen geschäftstüchtig. Man muss schon wis-sen, wo man das Kapital reinholt, das beim physischen Verkauf verloren geht.

Was erwartet die Leute in der Kufa?

Zwei Stunden Musik und ansonsten vier Geisteskranke, die um ihr Leben spielen. Wir sind relativ gnadenlos und spielen, als wäre es das erste oder letzte Konzert unseres Lebens.

Interview: Ralf Neite
Das komplette Interview und Video-Links finden Sie auf www.hildesheimer-allgemeine.de.

 

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